Radiertes Porträt 1841 - Eduard Eichens (1804-1877)

Joseph von Eichendorff
(*10. März 1788 Schloss Lubowitz bei Ratibor, Oberschlesien - †26. November 1857 Neisse, Oberschlesien)
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"»Du Taugenichts! da sonnst Du Dich schon wieder und dehnst und reckst Dir die Knochen müde, und läßt mich alle Arbeit allein thun. Ich kann Dich hier nicht länger füttern. Der Frühling ist vor der Thüre, geh auch einmal hinaus in die Welt und erwirb Dir selber Dein Brodt.«" 

Aus dem Leben eines Taugenichts, Erstes Kapitel, der Müller zu seinem Sohn, Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, S. 3.

Die Blaue Blume (ersch. 1818)


Ich suche die blaue Blume,
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh.

Ich wandre mit meiner Harfe
Durch Länder, Städt und Au'n,
Ob nirgends in der Runde
Die blaue Blume zu schaun.

Ich wandre schon seit lange,
Hab lang gehofft, vertraut,
Doch ach, noch nirgends hab ich
Die blaue Blum geschaut.


Rezitation: Andrea Sawatzki (* 23. Februar 1963 in Schlehdorf)


Anmerkung: „Gestern stürmt's noch und am Morgen blühet schon das ganze Land – will auch nicht für morgen sorgen, alles steht in Gottes Hand.“ (J.v.Eichendorff)

Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.


Bilder: Caspar David Friedrich (*5. September 1774 Greifswald, Schwedisch-Pommern - †7. Mai 1840 Dresden, Königreich Sachsen)

Auf einer Burg

Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter;
Drüber gehen Regenschauer,
Und der Wald rauscht durch das Gitter.

Eingewachsen Bart und Haare,
Und versteinert Brust und Krause,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.

Draußen ist es still und friedlich,
Alle sind ins Tal gezogen,
Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.

Eine Hochzeit fährt da unten
Auf dem Rhein im Sonnenscheine,
Musikanten spielen munter,
Und die schöne Braut die weinet.