Ernst Jandl 
(*1. August 1925 in Wien - †9. Juni 2000 Wien)
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"manche meinen

lechts und rinks

kann man nicht

velwechsern.

werch ein illtum!"


In: Laut und Luise. Mit einem Nachwort von Helmut Heißenbüttel, Reclam, Stuttgart 1976,
ISBN 3-15-009823-8, S. 135. Kleinschreibung im Original

der glanze heldenplatz zirka
versaggerte in maschenhaftem männchenmeere
drunter auch frauen die ans maskelknie
zu heften heftig sich versuchten, hoffensdick
und brüllzten wesentlich.

verwogener stirnscheitelunterschwang
nach nöten nördlich, kechelte
mit zu-nummernder aufs bluten feilzer stimme
hinsensend sämmertliche eigenwäscher.

pirsch!
döppelte der gottelbock von Sa-Atz zu Sa-Atz
mit hünig sprenkem stimmstummel.
balzerig würmelte es im männechensee
und den weibern ward so pfingstig ums heil
zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte.

My own Song (1966)

Ich will nicht sein
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht ihr sein
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht sein wie ihr
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht sein wie ihr seid
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht sein wie ihr sein wollt
So wie ihr wollt
Nicht wie ihr mich wollt
Wie ich sein will will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt
Wie ich bin will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt
Wie ich will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt
Ich will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt will ich sein
Ich will sein

ottos mops trotzt
otto: fort mops fort
ottos mops hopst fort
otto: soso

otto holt koks
otto holt obst
otto horcht
otto: mops mops
otto hofft

ottos mops klopft
otto: komm mops komm
ottos mops kommt
ottos mops kotzt
otto: ogottogott

schtzngrmm
schtzngrmm
t-t-t-t
t-t-t-t
grrrmmmmm
t-t-t-t
s---------c---------h
tzngrmm
tzngrmm
tzngrmm
grrrmmmmm
schtzn
schtzn
t-t-t-t
t-t-t-t
schtzngrmm
schtzngrmm
tssssssssssssss
grrt
grrrrrt
grrrrrrrrrt
scht
scht
t-t-t-t-t-t-t-t-t-t
scht
tzngrmm
tzngrmm
t-t-t-t-t-t-t-t-t-t
scht
scht
scht
scht
scht
grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
t-tt







Alt-Wiener Futoper (1974)
aus dem Album "Gott schütze Österreich"

1. VORLESUNG


um ein gedicht zu machen
habe ich nichts

eine ganze sprache
ein ganzes leben
ein ganzes denken
ein ganzes erinnern

um ein gedicht zu machen
habe ich nichts

Und nun erst – eine Vorlesung! Nein – fünf!

Um eine Vorlesung zu halten
habe ich nichts

eine ganze Sprache – mir fehlen die Worte
ein ganzes Leben – zu viele Versäumnisse
ein ganzes Denken – nur noch Perseverationen
ein ganzes Erinnern – ausschließlich Lücken

um eine Vorlesung halten
habe ich alles

Vor allem ein Thema. Zu diesem kam es aus rein organisatorischen Gründen. Es läßt sich indes aus sich selbst begründen. Vor allem als Zeichen des Fleißes, des Mangels an Faulsein. Ich rieche, rieche – Menschenfleiß!

ein falusein
ist nicht lesen kein buch
ist nicht lesen keine zeitung
ist überhaupt nicht kein lesen

ein faulsein
ist nicht lernen kein lesen und schreiben
ist nicht lernen kein rechnen
ist überhaupt nicht kein lernen

ein faulsein
ist nicht rühren keinen finger
ist nicht tun keinen handgriff
ist überhaupt nicht kein arbeiten

ein faulsein
solang mund geht auf und zu
solang luft geht aus und ein
ist überhaupt nicht

Dies – unser Motto. Unser Thema: das Öffnen und Schließen des Mundes.