September 1951 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe)

Dagmar Nick 
(*30. Mai 1926 Breslau)
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"Die Welt hebst du nicht aus den Angeln. Auch nicht mein Herz. Doch die Schattenwand, die mich umgibt, öffnest du jeden Morgen um einen Spalt, und das Licht, das hereinfällt, bist du."

Siehe NACHTWACHE

Nachtwache

Ich will nicht deine Träume stören.
Die stummen Nächte bleiben dein. 
Ich will nur deine Atemzüge hören
und bei dir sein.

Und wachen, weil des Mondes Schimmer
dein Antlitz ganz veränderte,
weil kaltes Licht das fremdgewordene Zimmer
umränderte.

Und warten, bis ein Stern zersplittert
und hinter deine Stirne fällt.
Erwache nicht: es ist mein Herz, das zittert,
weil es dich hält.


Rezitation: Sandra Hüller (*30.April 1978 in Suhl)

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Flucht 
(Erstveröffentlichung durch Erich Kästner, 1945
)

Weiter. Weiter. Drüben schreit ein Kind
Laß es liegen, es ist halb zerrissen.
Häuser schwanken müde wie Kulissen
durch den Wind.
 
Irgendjemand legt mir seine Hand
in die meine, zieht mich fort und zittert.
Sein Gesicht ist wie Papier zerknittert,
unbekannt.
 
Ob du auch so um dein Leben bangst?
Alles andre ist schon fortgegeben.
Ach, ich habe nichts mehr, kaum ein Leben,
nur noch Angst.